Mittwoch, 28. Februar 2018

Eine der „schwierigsten Aufgaben“ des Bundesdenkmalamtes

In meinen bisherigen Beiträgen in dieser Blogschrift[1] habe ich mich sehr kritisch zu diversen Aspekten der archäologischen Denkmalpflegepraxis und -lehre geäußert und insbesondere auch die Denkmalämter durchaus harsch kritisiert. Aus gegebenem Anlass sehe ich mich nun aber auch einmal veranlasst, einen Beitrag zu ihrer Verteidigung und insbesondere der Verteidigung des österreichischen Bundesdenkmalamtes (BDA) zu schreiben.

Zwar wird auch in diesem Beitrag die staatliche archäologische Denkmalpflege nicht geschont, weil diese Verteidigungsrede teilweise der Tatsache geschuldet ist, dass die staatliche Denkmalpflege ihren gesetzlichen Auftrag nicht deutlich genug kommuniziert. Dennoch: die staatliche archäologische Denkmalpflege macht keineswegs alles falsch, was sie tut; sondern ganz im Gegenteil das meiste durchaus richtig, was auch gelegentlich in entsprechender Deutlichkeit festgestellt werden muss.

Planierraupe bei der Arbeit.
(Bild: Witold Grzesiek 2010, Wikimedia Commons)
Der konkrete Anlassfall, der mich dazu bewogen hat, diesen Beitrag zu verfassen, ist ein bedauerlicher: ein mit mir befreundeter, österreichischer Heimatforscher hat mir soeben über die jüngst vorgekommene Zerstörung zweier mittelalterlicher Bodendenkmale in seinem Hauptforschungsgebiet berichtet. In diesem Zusammenhang hat er auch bitter beklagt, dass das BDA in diesem Fall (wie auch schon zuvor in diversen ähnlich gelagerten Fällen) nichts unternommen habe und daran auch überhaupt kein Interesse zu haben scheine.

Versetzt man sich in seine Position, ist diese Klage auch völlig nachvollziehbar: die mit dem Schutz der (Boden-) Denkmale betraute Bundesbehörde scheint oft selbst dann nicht aktiv zu werden, wenn ihr Bürger von vorgekommenen Schäden an Denkmalen berichten, an deren Erhaltung diese Bürger ein Interesse haben. Das scheint dem an der Denkmalerhaltung interessierten Bürger klarerweise unverständlich; und er fragt sich dann, ob das BDA seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben auch ordnungsgemäß erfüllt. Dabei hat das BDA in vielen dieser Fälle seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben, und insbesondere eine seiner „schwierigsten Aufgaben“ (RV 1999, 39), tatsächlich erfüllt; und es ist „nur“ der Bürger, der das nicht richtig erkannt hat.

Samstag, 24. Februar 2018

Ein hinreichend bestimmter unbestimmter Rechtsbegriff?

Der Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 DMSG

In diesem Beitrag betrachte ich den Bodendenkmalsbegriff des österreichischen Denkmalschutzgesetzes (DMSG) als exemplarisches Beispiel für vergleichbare unbestimmte Rechtsbegriffe in (archäologischen Bestimmungen von) Denkmalschutzgesetzen. Das meiste von dem, was ich hier sage, lässt sich daher sinngemäß auch auf viele andere Denkmalschutzgesetze übertragen; auch wenn diese hier nicht konkret besprochen werden.

Sonntag, 18. Februar 2018

Das archäologische Debakel von Rülzheim

Vor wenigen Tagen ist das langjährige Gerichtsverfahren gegen den Finder des sogenannten „Barbarenschatzes von Rülzheim“ – mehr oder minder überraschend – zu einem Ende gekommen (Pfälzischer Merkur 2018; Rheinpfalz 2018; SWR 2018). Das Ergebnis ist wenigstens aus archäologischer Sicht höchst unbefriedigend; allerdings letztendlich weitgehend durch die Archäologie und archäologische Denkmalpflege selbstverschuldet. In diesem Beitrag möchte ich etwas genauer darauf eingehen, warum dieser Fall ein ganz besonderes Debakel für die archäologische Denkmalpflege darstellt; und welche Lehren man meiner Meinung nach daraus ziehen muss, auch wenn diese archäologisch wehtun.

Freitag, 16. Februar 2018

Denkmalwert und archäologische Funde

In einem früheren Beitrag habe ich bereits erwähnt, dass die Denkmalpflege scheinbar bisher nicht hinreichend erkannt hat, dass sich der Denkmalwert archäologischer Denkmale am Zeitpunkt ihrer Ausgrabung ganz fundamental verändert. Dies führt, wie dort bereits angedeutet, auch bei der Regelung des Fundeigentums – wenigstens oft – zu bedeutenden Problemen; und auch ganz generell beim denkmalgerechten Umgang mit archäologischen Funden.

Sonntag, 11. Februar 2018

„Grabungsgenehmigung“? Braucht man nicht!

Zwei maßgebliche Erkenntnisse österreichischer Gerichte aus dem Jahr 2017 zur archäologischen Denkmalpflege und ihre Konsequenzen

Das österreichische Bundesdenkmalamt behauptet seit Jahrzehnten, dass jedwede Grabung und sonstige Nachforschung an Ort und Stelle zur Entdeckung von Bodendenkmalen nur mit Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz durch das BDA durchgeführt werden darf. Zwei neue gerichtliche Erkenntnisse, eines des Bundesverwaltungsgerichts und eines des Verwaltungsgerichtshofs, zeigen jedoch, dass diese Rechtsmeinung verfehlt war und ist. Vielmehr scheint es im Licht dieser Erkenntnisse so zu sein, als ob eine „Grabungsgenehmigung“ nur für solche Grabungen und sonstige Nachforschungen notwendig sei, die gem. §§ 2, 2a, 3 oder 9 Abs. 3 DMSG denkmalgeschützte archäologische Gegenstände und solche betreffen, bei denen das Bestehen eines öffentlichen Interesses an ihrer Erhaltung durch öffentlich zugängliche Sachverständigengutachten als wenigstens wahrscheinlich beurteilt wurde. De facto würde das bedeuten, dass man außer für Nachforschungen auf den etwa 1.100 geschützten archäologischen Denkmalen in Österreich derzeit für die Durchführung archäologischer Maßnahmen keiner Grabungsgenehmigung bedarf.

Against retention in situ

How to best preserve archaeology for 'future generations'?

Archaeological heritage management has long been based on a preference for the principle of preservation of archaeology in situ. While this principle is sound in theory, in practice, we frequently only achieve mere retention in situ: the archaeology is left where it is, unexcavated and unrecorded, but is not actually protected against most of the real and present dangers it faces. The situation is made worse by the fact that many of our heritage management laws, policies, and practices have made the principle of ‘leaving it unexcavated’ a disciplinary dogma, especially so in Austria and Germany. Instead of realistically assessing the likely future fates of archaeology merely retained in situ, any kind of archaeological fieldwork, whether invasive or non-invasive, is treated as undesirable by the national and state heritage agencies, even if conducted to professional standards. 

In this paper, I demonstrate that retention in situ does not lead to the best possible preservation of archaeology for future generations, but rather leads to near-total loss of most archaeology, especially archaeology in places unlikely to be threatened by development. I also demonstrate that the only real means of preserving archaeology as long as possible is not to retain in in situ, but to excavate as much and as rapidly as possible of any archaeology which cannot actually be preserved in situ. By increasing the amount that is excavated, the likely gains in archaeological information saved from total loss is massive and would benefit the study of archaeology immensely.

It is thus argued in this paper that there is an urgent need for significant change in archaeological heritage management law, policy, and practice. Since we cannot increase the amount we excavate arbitrarily due to the limited resources available to us, better preservation by professional record can only be achieved by training as many members of the interested public in archaeological skills. Once they have received such training, anyone who wants to should be encouraged and given license to excavate any archaeology which can currently only be retained, but not actively preserved, in situ.

Samstag, 10. Februar 2018

Auf Archaeologik: Ein Vorschlag für neue archäologische Denkmalschutzbestimmungen für Österreich

Rainer Schreg hat dankenswerter Weise einen längeren Beitrag von mir über meinen Vorschlag für Veränderungen der archäologischen Bestimmungen des österreichischen Denkmalschutzgesetzes auf seinem Blog Archaeologik aufgenommen. Der Beitrag unter dem Titel Ein Vorschlag für neue archäologische Denkmalschutzbestimmungen für Österreich passt aber selbstverständlich auch hierher und soll daher auch hier verlinkt sein.

Die Bewertung archäologischer Denkmale

In situ und ex situ, ex ante und ex post
 
Im deutschsprachigen Verständnis dieses Begriffes unterscheiden sich Denkmale von anderen – sozusagen gewöhnlichen – Sachen prinzipiell dadurch, dass ihnen (wenigstens von manchen Menschen) ein besonderer – sozusagen ungewöhnlicher – Wert bzw. eine ebensolche Bedeutung zugeschrieben wird. 


Titelblatt zu
"Der moderne Denkmalkultus"
(Riegl 1903)
Dabei sind allerdings, um dies auch gleich festzuhalten, die Begriffe „besonders“ bzw. „ungewöhnlich“ nicht unbedingt – wie oft missverständlich angenommen wird – als quantitative Beschreibung ihres Wertes bzw. ihrer Bedeutung zu verstehen, sondern wenigstens auch als qualitative. Es geht also nicht unbedingt nur darum, dass die betreffende Sache eine mengenmäßig größere Bedeutung hat als andere Sachen; d.h. wertvoller als andere Sachen ist. Es geht – wenigstens manchmal, wenn nicht sogar zumeist – vielmehr darum, dass die Bedeutung dieser Sache in irgendeiner signifikanten Weise anders beschaffen – und daher in diesem Sinne besonders – ist als die der meisten anderen – im Vergleich miteinander jeweils ungefähr gleichbedeutenden und daher in diesem Sinne gewöhnlichen – Sachen.


Der Denkmalwert


Die Gründe, weshalb Denkmalen Wert bzw. Bedeutung zugeschrieben wird, können dabei durchaus vielfältig sein. Die betreffende Sache kann z.B. besonders bedeutend sein, weil sich durch ihre wissenschaftliche Untersuchung (= Erforschung) Wissen gewinnen lässt, das auf anderem Weg (d.h. durch die Untersuchung anderer, gewöhnlicher Sachen) nicht gewonnen werden könnte, dessen Gewinnung aber dennoch allgemeinnützlich erscheint. Oder die betreffende Sache kann z.B. von besonderer Bedeutung sein, weil sich manche Menschen mit dieser Sache in irgendeiner Weise identifizieren, d.h. eine direkte Beziehung zwischen sich selbst und dieser Sache herstellen, die sie in Bezug auf andere, gewöhnliche Sachen nicht empfinden. Oder sie kann z.B. von besonderer Bedeutung sein, weil sie die (oder wenigstens manche) Menschen an etwas erinnern oder aufmerksam machen kann, das sie sonst vielleicht vergessen oder gar nicht erst bemerken könnten; wie z.B. ein historisches Ereignis, das (ansonsten) keine bis heute bemerkbaren Spuren hinterlassen hat, aber dennoch erinnerungswürdig bzw. bemerkenswert erscheint. Diese Gründe schließen einander natürlich auch nicht gegenseitig aus; d.h. eine bestimmte Sache kann auch gleichzeitig aus mehreren dieser (und einer langen Reihe anderer) Gründe bedeutend und eventuell nur aufgrund des Zusammentreffens mehrerer dieser Gründe außergewöhnlich wertvoll sein.
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Mittwoch, 7. Februar 2018

Behördliche Leseverständnisprobleme

Wie die meisten Gesetze, ist auch das österreichische Denkmalschutzgesetz (DMSG) einigermaßen unverständlich geschrieben. Beim DMSG beginnen die Probleme mit der Allgemeinverständlichkeit schon bei der Frage, auf welche Dinge und Handlungen die Bestimmungen dieses Gesetzes überhaupt angewendet werden können bzw. müssen. Das liegt daran, dass die beiden zentralen Begriffe des DMSG – der in § 1 Abs. 1 definierte Begriff Denkmal und der in § 8 Abs. 1 definierte Begriff Bodendenkmal – in einer Weise bestimmt sind, dass selbst die für die Exekution dieses Gesetzes zuständige Bundesbehörde – das Bundesdenkmalamt (BDA) – Probleme bei ihrer Anwendung hat.

In diesem Beitrag soll daher kurz und hoffentlich allgemeinverständlich erklärt werden, was diese beiden Begriffe bedeuten. Gleichzeitig soll gezeigt werden, dass das BDA entweder erhebliche Leseverständnisprobleme hat; oder aber die Unverständlichkeit der gesetzlichen Bestimmungen gezielt dazu nutzt, im Bereich des Denkmalschutzes seinen eigenen Willen (statt den des Gesetzgebers) durchzusetzen.

Betrachten wir dazu zuerst die Fragen, wann ein sogenanntes Denkmal ein Denkmal und wann ein sogenanntes Bodendenkmal ein Bodendenkmal ist. Die Schriftfarbgebung dient in diesem Beitrag zur Unterscheidung, wann von einem Ding die Rede ist, das Denkmal bzw. Bodendenkmal genannt wird, und wann von einem Denkmal bzw. Bodendenkmal die Rede ist, auf das die Bestimmungen des DMSG angewendet werden können, um die Verständlichkeit des DMSG zu verbessern.

Dienstag, 6. Februar 2018

Archäologische Denkmalpflege neu denken

Worum es hier gehen soll ist die archäologische Denkmalpflege; und wie man sie verstehen (und eventuell auch neu durchdenken) kann. Ob wirklich ein Blog daraus wird, oder nicht eher eine Sammlung einigermaßen kurzer, mehr oder minder wissenschaftlicher Artikel zu Themen der Archäologie, des (archäologischen) Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, wird wohl erst die Zukunft weisen. Ich sage es einmal so: ich sehe dies hier als experimentelle Blogschrift, ein Mittelding zwischen Blog und Zeitschrift. Es wird daher auch pdf-Fassungen der hier verfassten Beiträge geben, gesetzt (mit Seitenzahlen und was man sonst so noch für ein effektives Zitieren braucht), die ich vorerst einmal auf meiner Academia.edu-Seite parken werde.

Inspiriert dazu, diese Plattform einzurichten, hat mich ein Emailaustausch mit Rainer Schreg im Zusammenhang mit einem Gastbeitrag, den ich für seinen populären Wissenschaftsblog Archaeologik geschrieben habe; und auch generell eben dieser Blog. In diesem Zusammenhang hat sich für mich aus unserer Korrespondenz ergeben, dass eine Plattform, die spezifisch einer Diskussion der archäologischen Denkmalpflege und ihrer Praktiken dient, wenigstens im deutschen Sprachraum bisher weitgehend zu fehlen scheint. Daher: diese Plattform, die nicht nur durch die genannte Korrespondenz, sondern auch generell durch Archaeologik inspiriert ist.

Aus diesem Grund, um das auch gleich festzustellen, sind auch Gastbeiträge von anderen AutorInnen sehr willkommen: wer sich über die archäologische Denkmalpflege Gedanken macht und diese auch (in entsprechender Form) verschriftlichen will bzw. schon hat, ist herzlich eingeladen, seine Texte an mich zu schicken und um ihre Aufnahme auf diesen Wissenschaftsblog zu ersuchen. Sofern sie den gewöhnlichen Regeln des zivilisierten Umgangs miteinander genügen und auch so verfasst sind, dass sie als - und sei es nur mehr oder minder - wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fragen von Denkmalschutz und Denkmalpflege zu betrachten sind, stelle ich sie dann gerne hier ein.