Samstag, 22. Dezember 2018

Professionelle (Hobby?) Archäologie. Festschrift für Pascal Geiger zum 30. Geburtstag erschienen

R. Karl, H. Frey (Hg.) 2018.
Professionelle (Hobby?) Archäologie.
Festschrift für Pascal Geiger
zum 30. Geburtstag.

Archäologische Denkmalpflege,
Kleine Schriften 1.

Geburtstagsgeschenke zu machen ist nie besonders leicht. Besondere Geburtstagsgeschenke zu runden Geburtstagen zu machen ist meist noch viel schwieriger, weil woher bekommt man eines, das gut zu den Interessen des Geburtstagskindes passt und das gleichzeitig außergewöhnlich ist? Ich bin daher sehr froh, dass ich im Wege dieser Blogschrift dabei mithelfen konnte, einem lieben Freund ein solches, hoffentlich gut treffendes Geburtstagsgeschenk zu machen. 



Mit Hilfe einiger ebenfalls mit dem Geburtstagskind befreundeten KollegInnen und unterstützt durch zahlreiche andere, ist es gelungen, in weniger als vier Wochen eine kleine (aber hoffentlich dennoch feine) Festschrift für unseren Freund Pascal Geiger zusammenzustellen, der sich seit längerem durch seine ehrenamtliche Tätigkeit um die Archäologie und die archäologische Denkmalpflege verdient macht. In 5 kurzen Beiträgen bedanken sich daher Michaela Schauer, Katharina Möller, Jochim Weise, Hanna Frey und meine Wenigkeit bei Pascal, indem wir ihm in unseren Beiträgen etwas über die Bedeutung von professionellen ehrenamtlich beitragenden ArchäologInnen (ein Wort, das er nicht gerne bezogen auf sich selbst hört, weil er sich nicht mit jenen, die Archäologie zu ihrem Beruf gemacht haben, nicht auf die gleiche Stufe stellen will) erzählen, wie viel uns und dem Fach das nutzt, und wieviel Freude mit solchen professionellen (Hobby?) Archäologen zusammenzuarbeiten vielen anderen macht.

Wir hoffen natürlich, dass unsere Beiträge zu Pascal Geigers Festschrift auch für andere als nur ihn interessant sind. Deshalb findet man sie bequem zusammengestellt im ersten Band der "Kleinen Schriften" der "Archäologischen Denkmalpflege", der nunmehr auch für alle anderen und nicht nur den Beschenkten verfügbar ist.

Freitag, 21. Dezember 2018

Ein weiteres Erkenntnis des BVwG zur Grabungsgenehmigungspflicht in Österreich


Seit wenigstens 1990 hat das österreichische Bundesdenkmalamt (BDA) behauptet, dass das Vorliegen einer „Grabungsgenehmigung“ (in der Folge: NFG) gem. § 11 Abs. 1 DMSG durch das BDA „Voraussetzung für die Aufnahme jeglicher Grabungstätigkeiten »und sonstiger Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung beweglicher und unbeweglicher Bodendenkmale« (BDA 2016, 6) sei. Wie aus z.B. der 4. Fassung seiner Richtlinien für archäologische Maßnahmen hervorging, betrachtete es dabei alle an Ort und Stelle durchgeführten archäologischen Tätigkeiten, beginnend mit rein oberflächlichen Surveys durch Inaugenscheinnahme der Landschaft oder zum Aufsammeln von Oberflächenfunden bis hin zu großflächigen systematischen archäologischen Ausgrabungen als NFG-pflichtig (BDA 2016, 11-20); und zwar völlig unabhängig davon, ob es bereits irgendeinen bekannten, konkreten Hinweis auf das Vorkommen irgendwelcher Denkmale iSd § 1 Abs. 1, Bodendenkmale iSd § 8 Abs. 1 DMSG oder auch nur irgendwelcher archäologischen Bodenfunde von der zu untersuchenden Stelle gab.

Erst infolge des in einem von mir angestrengten Beschwerdeverfahren gegen einen bewilligenden Bescheid des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 11.9.2017 zu Zahl W183 2168814-1/2E (siehe dazu schon „Grabungsgenehmigung“? Braucht man nicht!) ist das BDA in der 5. Fassung seiner Richtlinien von dieser Position geringfügig abgewichen und hat sich darauf zurückgezogen, dass nunmehr „Voraussetzung für die Aufnahme bewilligungspflichtiger archäologischer Tätigkeiten […] das Vorliegen eines bewilligenden Bescheides des Bundesdenkmalamtes gemäß § 11 Abs. 1 DMSG“ (BDA 2018, 6; Hervorhebung: RK) sei. In seinen genaueren Ausführungen zu „bewilligungspflichtigen“ archäologischen Tätigkeiten ist es jedoch kaum von seiner bisherigen Position abgewichen (BDA 2018, 10-20): einzig die „archäologisch-topografische Geländedarstellung“ (BDA 2018, 9-10) hat es im Vergleich zur vorherigen Fassung in den Bereich der nicht NFG-pflichtigen Maßnahmen verschoben; selbst Oberflächenfundaufsammlungen werden nur implizit durch die geringfügig umgeschriebenen Ausführungen zu den weiterhin als NFG-pflichtig dargestellten Prospektionsmethoden (BDA 2018, 10-15) ausgenommen.

Gänzlich unverändert bleibt hingegen der durch die gewählte Darstellungsweise erweckte Eindruck, dass die Aufnahme aller als „bewilligungspflichtig“ ausgewiesenen Arbeiten (d.h. bestimmte Prospektionsarten und Grabungen; BDA 2018, 10-20) gänzlich unabhängig vom Ort, an dem diese Arbeiten durchgeführt werden sollen, einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG bedürfen. Es wird also weiterhin unverändert der Eindruck erweckt, als ob die Tatsache, ob von der Stelle, an der diese ‚archäologischen‘ Arbeiten durchgeführt werden sollen, irgendwelche konkreten Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen iSd § 1 Abs. 1, Bodendenkmalen iSd § 8 Abs. 1 DMSG oder auch nur archäologischen Bodenfunden bekannt sind, für die Auslösung der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG vollkommen unerheblich wäre. Diese Auslegung der NFG-Pflichtbestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG erschien und erscheint mir weiterhin – und, wie noch gezeigt werden wird, nicht nur mir, sondern auch den Gerichten – allerdings eine unzulässige, d.h. rechtswidrige, Auslegung des DMSG zu sein.

Freitag, 30. November 2018

Schatzsuche und Sammeln als immaterielles Kulturerbe


Art. 27 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR, UN 1948) gewährleistet jedem Menschen das Recht, frei am kulturellen Leben der Gemeinschaft teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben. Während die AEMR selbst völkerrechtlich nicht verbindlich ist, wird das gleiche Jedermanns-Menschenrecht auf Kultur-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit auch durch Art. 15 Abs. 1-3 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR, UN 1966) gewährleistet. Der ICESCR ist seit 1976 in Kraft und ist verbindlich geltendes Völkerrecht. Er wurde 1973 von der Bundesrepublik Deutschland mit expliziter Zustimmung der Länder (BGBl. 1973 II, Nr. 62, 1569-82) und 1978 von der Republik Österreich (BGBl. 590/1978) ratifiziert und ist somit in beiden Staaten auch unmittelbar geltendes nationales Recht.

Im Wesentlichen die gleichen Rechte werden auch durch die jeweiligen Verfassungen dieser beiden Staaten und darüber hinaus auch durch die meisten deutschen Landesverfassungen implizit oder explizit garantiert. Ganz explizit garantieren Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG) und Art. 17 und 17a österreichisches Staatsgrundgesetz über die allgemeine Rechte der Staatsbürger (StGG) die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit. Darüber hinaus enthalten zahlreiche deutsche Landesverfassungen auch explizite Kulturstaatsklauseln, die das Recht der LandesbürgerInnen auf Schutz und Pflege ihrer Kultur und ihres kulturellen Lebens gewährleisten. Schließlich unterliegt sowohl der deutschen als auch der österreichischen Bundesverfassung wenigstens implizit das sogenannte ‚Kulturstaatsprinzip‘. Das bedeutet letztendlich, dass der Staat dafür Sorge zu tragen hat, dass sich seine BürgerInnen (und alle anderen sich auf seinem Territorium befindlichen Menschen) selbstbestimmt kulturell so entfalten können, wie sie das gerne möchten. In Österreich kommen inzwischen durch Ratifikation des Europäischen Rahmenübereinkommens zum Wert des kulturellen Erbes für die Gesellschaft (Faro-Konvention, Europarat 2005a) noch die in diesem internationalen Übereinkommen genauer spezifizierten Rechte zur individuellen und kollektiven Teilhabe am kulturellen Erbe hinzu, die sich aus dem genannten Grund- und Menschenrecht ergeben. Das Grund- und Menschenrecht auf Kultur-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit stellt dabei sowohl ein Abwehrrecht als auch ein Anspruchs- bzw. Leistungsrecht dar.

Dienstag, 11. September 2018

Empirische Untersuchungen des durch Raubgrabungen verursachten archäologischen Sachschadens


Sogenannte Raubgrabungen werden in der archäologischen und denkmalrechtlichen Fachliteratur (z.B. Kriesch et al. 1997; Brunecker 2008a; Martin & Krautzberger 2010; Otten 2012; Schreg 2015; Schoellen 2015; etc.) und insbesondere in der archäologisch-denkmalpflegerischen Außenkommunikation in populären Medien (z.B. zuletzt ORF Vorarlberg 2018; MDR 2018) gerne als eines der großen Probleme der archäologischen Denkmalpflege dargestellt. Internationale Rechtsquellen wie insbesondere das Europäische Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes (revidiert), die sogenannte Valletta-Konvention (Europarat 1992a), schätzen dies ebenfalls so ein; wenngleich der erläuternde Bericht zu dieser Konvention (Europarat 1992b, 1) von der noch in den 1960ern vorherrschenden fachlichen Einschätzung, Raubgrabungen seien die größte Gefahr für den Erhalt des archäologischen Erbes, bereits deutlich zurückweicht und Raubgrabungen nur mehr als eine insbesondere im Vergleich zum von großflächigen Bauprojekten angerichteten archäologischen Sachschaden eher nachrangige Bedrohung betrachtet.

Zwar sind behördlich dokumentierte Fälle von Raubgrabungen einigermaßen selten: im bereits oben zitierten, jüngsten Bericht des MDR nennt zum Beispiel der dahingehend befragte Sprecher des Landeskriminalamtes von Sachsen die Zahl von gerade einmal 4 dokumentierten Fällen aus den letzten zwei Jahren (MDR 2018). Das ist für ein Land mit 18,450 km2 Fläche und ca. 4,37 Millionen Einwohnern wahrlich nicht gerade viel. Dennoch sorgen immer wieder einmal spektakuläre Fälle wie die bei Raubgrabungen entdeckte Himmelsscheibe von Nebra (siehe z.B. Otten 2012, 21-4) oder der auch schon hier diskutierte Fall des sogenannten Barbarenschatzes von Rülzheim (siehe ‚Das archäologische Debakel von Rülzheim‘) für mediales Interesse. Vor allem aber geht nicht nur ganz berechtigt das LKA Sachsen von „einer gewissen Dunkelziffer“ (MDR 2018) an nicht beobachteten Fällen aus: ich selbst habe z.B. auf Basis empirisch erhobener Daten geschätzt, dass in Österreich derzeit pro Jahr durch MetallsucherInnen irgendwo zwischen ca. einer Dreiviertel- und drei Millionen Miniaturgrabungen durchgeführt werden, die – entsprechend der unten noch ausgeführten Definition des Begriffs – als Raubgrabungen zu betrachten sind. Das ist nicht nur eine „gewisse“, sondern eine gewaltige Dunkelziffer, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Anzahl der jährlich behördlich dokumentierten Fälle auch in Österreich nicht maßgeblich höher sein dürfte als die für Sachsen genannte: wir reden hier von einem Verhältnis von – ungefähr – zwischen 150.000 und 600.000 undokumentierten pro dokumentiertem Fall.

Ob derartiger Dunkelziffern umso erschreckender ist es, dass wir über den tatsächlich durch Raubgrabungen angerichteten archäologischen Sachschaden – von anekdotischen Berichten und sehr seltenen Einzelfällen wie der Nachgrabung in Nebra (Otten 2012, 21-4) einmal abgesehen – nur sehr wenig wissen. Die vier im Bericht des MDR (2018) erwähnten behördlich dokumentierten Fälle aus Sachsen aus den vergangenen beiden Jahren sind ein ausgezeichnetes Beispiel dafür: in keinem davon lässt sich auch nur grob abschätzen, wieviel archäologischer Sachschaden dabei entstanden ist.

Sonntag, 26. August 2018

Bodendenkmale, Eigentum und Teilhaberechte


Eine der populärsten Vorstellungen unter ArchäologInnen und Archäologieinteressierten ist, dass ‚die Archäologie‘[1] bzw. ‚die Bodendenkmale‘[2] der Allgemeinheit gehören oder wenigstens gehören sollten. Archäologische Überreste sind schließlich Quellen für die Erforschung der Vergangenheit, und, wie man es häufiger in etwas simplifizierten Äußerungen zur Frage in populären Medien liest, die Vergangenheit gehört schließlich „allen gleichermaßen“ (oder auch „keinem Einzelnen“ oder „niemandem“).

Diese Vorstellung findet – wenigstens scheinbar, wenigstens bei oberflächlicher Betrachtung – auch Bestätigung in internationalen Kulturgüterschutzkonventionen wie z.B. der Lausanne Charter. Diese spricht in ihrem Art. 3 davon, dass das archäologische Erbe ein Allgemeingut der gesamten Menschheit ist: „The archaeological heritage is common to all human society…“ (ICOMOS 1990, 2). Ebenso scheinen unsere Verfassungsgesetze, die den Denkmalschutz zu einer im öffentlichen Interesse gelegenen Staatsaufgabe machen, ebenso wie unsere Denkmalschutzgesetze, die Denkmale aufgrund ebendieses öffentlichen Interesses als Allgemeinwohlgut schützen, diese Ansicht zu bestätigen. Etwas, das ein Allgemeinwohlgut ist, also allen nützlich sein soll, muss wohl auch – wenigstens in gewissem Sinn – allen gehören.

Dienstag, 7. August 2018

Sie zahlen, wir schaffen an!


Das Verursacherprinzip und die archäologische Denkmalpflege
Die archäologische Denkmalpflege setzt in den letzten Jahrzehnten zur Finanzierung von sogenannten präventiven Grabungen bzw. Rettungsgrabungen zunehmend auf das – ursprünglich aus dem Emissions- und Umweltschutzrecht stammende – sogenannte ‚Verursacherprinzip‘. Die Idee hinter dem Verursacherprinzip ist dabei im Grunde genommen die, dass die mit dem Gewinn eines privaten Vorteils für einen Einzelnen verbundenen Kosten nicht sozialisiert, d.h. von diesem Einzelnen nicht auf Dritte oder die Allgemeinheit abgewälzt werden sollen.

In diesem Beitrag möchte ich das denkmalpflegerische Verursacherprinzip – wie üblich kritisch – betrachten; aufzeigen, was seine Grenzen sind; und auf allgemeinerer Ebene besprechen, weshalb es – gerade aus Sicht der archäologischen Denkmalpflege – in vielerlei Hinsicht hochgradig problematisch ist. Gerade weil ich es kritisch betrachten möchte, ist es erforderlich, hier vorauszuschicken, dass ich nicht grundsätzlich gegen die Verwendung des Verursacherprinzips in der archäologischen Denkmalpflege bin, sondern auch durchaus dafür bin, es zum Einsatz zu bringen, wo es rechtlich belastbar, sinnvoll und auch denkmalpflegerisch nützlich zum Einsatz gebracht werden kann. Dennoch erscheint mir die hier gewählte kritische Betrachtung dieses Prinzips und seines Einsatzes in der archäologischen Denkmalpflege dringlich angebracht, weil ich zunehmend den Eindruck gewinne, dass sich einerseits die archäologische Fachwelt nicht nur viel zu viel davon verspricht bzw. erhofft, sondern es auch zunehmend überstrapaziert bzw. zu überstrapazieren versucht, und uns andererseits bisher nicht einmal annähernd ausreichend bewusst ist, dass es auch – gerade in der archäologischen Denkmalpflege – aus vielen Gründen inhärent problematisch ist.

Sonntag, 8. Juli 2018

Erster Sonderband von Archäologische Denkmalpflege erschienen

Barrie K. Lill (2018). Richard Pennant, Samuel Worthington, and the Mill at Penlan. A History of the Penrhyn Mills on the Lower Ogwen. Archäologische Denkmalpflege, Sonderband 1.




Mit der industriearchäologischen Studie von Barrie K. Lill zur Mühle von Penlan im unteren Tal des Flusses Ogwen in Nordwales liegt nun der erste Sonderband von Archäologische Denkmalpflege in monografischer Länge vor. Ergebnis von über 10 Jahren Forschung durch einen 'Bürgerwissenschafter', gibt die Studie einen detaillierten Überblick über Archäologie und Geschichte eines wenigstens für die Region sehr bedeutenden, aber völlig vergessenen und denkmalpflegerisch vollkommen vernachlässigten Industriedenkmals und mit diesem zusammenhängenden, weiteren Denkmalen in seiner unmittelbaren Umgebung.


Am 24. März unterzeichneten Richard Pennant, der Eigentümer des Penrhyn-Estates in Nordwales, und ein Konsortium von Kaufleuten aus Liverpool, darunter Samuel Worthington, einen Pachtvertrag. Die dadurch abgedeckten Liegenschaften beinhalteten drei der Schotmühlen des Estates und die neu gebaute Flintmühle in Penlan. Die Unterzeichung dieses Pachtvertrages war ein Wendepunkt in der industriellen Entwicklung von Llandegai, an deren Anfang die Flintmühle stand. Die Mühle war in mehreren Beziehungen einzigartig: sie war die erste Flintmühle, die in Nordwales gebaut wurde; hatte eine direkte Verbindung zur Herculaneum-Steinzeugfabrik in Liverpool; war vermutlich das erste Ziegelsteingebäude in Llandegai; und hatte die mutmaßlich erste über eine längere strecke verlaufende Überlandeisenbahn weltweit, die mit eisernen Schienen ausgestattet war.

Zur Möglichkeit einer vollständig privatisierten archäologischen Denkmalpflege

und warum ich dagegen bin, dies umzusetzen

An verschiedenen Orten ist letzthin zur Sprache gekommen, ob eine vollständig privatisierte archäologische Denkmalpflege möglich, sinnvoll und / oder wünschenswert ist; teilweise, aber nicht nur, weil infolge des devastierenden Rechnungshofberichtes (RH 2017) über das österreichische Bundesdenkmalamt (BDA) von Seiten der österreichischen Politik als eine Möglichkeit der Reaktion auf die Kritik an dieser Behörde auch deren Privatisierung angedacht wurde (siehe z.B. Wiener Zeitung 2017). Eine fachliche Debatte über die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit einer sogenannten „Entstaatlichung“ (Donath 2000) der Denkmalpflege gibt es vor allem in der Baudenkmalpflege, aber auch der archäologischen Denkmalpflege bereits seit längerem (für eine Kurzzusammenfassung mit weiterführenden Literaturverweisen siehe Hofmann 2017, 11-2); wobei die Stimmen, die sich gegen eine Privatisierung aussprechen einigermaßen deutlich zu überwiegen scheinen.[1]

Mittwoch, 30. Mai 2018

Sachlichkeitsgebot und archäologische Denkmalpflege


Eines der wichtigsten Prinzipien von Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung ist das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz der Verfassung (Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG; siehe auch Art. 1 AEMR) abgeleitete Sachlichkeitsgebot. Der Gleichheitssatz verpflichtet, ganz vereinfacht gesagt, die öffentliche Gewalt generell dazu, sachlich Gleiches gleich und sachlich Ungleiches ungleich zu behandeln.

Daraus folgt mittelbar, dass letztendlich alles staatliche Handeln auf vernünftigen Gründen beruhen muss, die sich aus der Natur der gegenständlichen Sache (bzw. des Sachverhalts) ergeben oder anderswie einleuchtend sind, also sachlich sein muss: schließlich erlauben es nur solche – nachvollziehbaren – Begründungen, festzustellen, welche Sachverhalte im rechtlichen Sinne gleich und daher auch vom Staat gleich und welche ungleich und daher auch vom Staat ungleich zu behandeln sind. Staatliches Handeln, dem solche nachvollziehbaren Gründe fehlen oder das sachlich ungerechtfertigt Gleiches ungleich oder Ungleiches gleichbehandelt, ist im rechtlichen Sinn willkürlich und dem Staat und allen seinen Organen durch das sich aus dem Gleichheitssatz ebenfalls ergebende Diskriminierungsverbot untersagt.

Freitag, 4. Mai 2018

Archäologie und Bürgerbeteiligung

Oder: wie die Welt von "da unten" ausschaut

Sigrid Peter

Ein paar einleitende Worte…

Vornweg soll hier erst einmal klargestellt werden, dass es sich bei der Autorin um keine Archäologin, allerdings auch nicht um eine sogenannte „Heimatforscherin“ handelt, sondern um eine (junge) Lehrerin, die seit einigen Jahren in einer Art „Burgverein“ tätig ist, der sich dem Erhalt und der Erforschung eines „Bodendenkmals“ widmet. Im Laufe der Jahre hat sie einige (mal mehr, mal weniger gute) Erfahrungen mit Forschenden aus den Fachbereichen Archäologie, Geschichte, Denkmalpflege und Bauhistorik gemacht, sowie auch die (mal mehr, mal weniger) „typischen“ Probleme von sogenannten „Citizen Scientists“, also „Bürgerforschern“, kennen gelernt.

Da es derzeit viele Projekte gibt, die sich den Stempel „Citizen Science“ aufdrücken die dennoch in den meisten Fällen als „top-down“-Projekte betrachtet werden dürfen und es sogar Konferenzen zu dieser Thematik gibt, will dieser Beitrag einmal die andere Seite der Medaille beleuchten – konkret die Situation und das Leben eines durchschnittlichen Bürgers,[1] der zwar an Forschung interessiert ist, dennoch Hemmungen und/ oder Probleme hat an dieser mitzuwirken. Wie es zu diesen kommt und welche Möglichkeiten es gibt um diese abzubauen will nun erläutert werden. Ansonsten sind alle Ähnlichkeiten mit vergangenen Events und bedienten Klischees durch und durch beabsichtigt.

Montag, 30. April 2018

Unveränderte Erhaltung oder Verwaltung von Veränderung?


Meiner Meinung nach ist es eines der größten und gravierendsten Probleme der archäologischen Denkmalpflege im deutschen Sprachraum, dass sie – entgegen aller gegenteiligen Beteuerungen ihrer primären Proponenten – keine Wissenschaft, sondern in erster Linie eine dogmatisch vertretene Ideologie ist. In diesem Beitrag möchte ich das an einem konkreten Beispiel aufzeigen, nämlich der Frage, worum es der archäologischen Denkmalpflege eigentlich geht: um die unveränderte Erhaltung aller archäologischen Denkmale, idealerweise in situ; oder um die Verwaltung der unabwendbaren Veränderungen, um den Verlust signifikanter archäologischer Informationen möglichst zu minimieren.

Dazu möchte ich zuerst einmal ein wenig weiter ausholen.

Montag, 2. April 2018

Wie (Denkmalschutz-) Gesetze funktionieren sollten


Wie sich mir aus diversen Reaktionen auf meine verschiedenen denkmalbehörden- und denkmalrechtskritischen Beiträge erschließt, scheint meine Kritik an Missständen in der (staatlichen) archäologischen Denkmalpflege, wenigstens von einer – nicht gänzlich unbedeutenden – Minderheit meiner KollegInnen, grundlegend als gegen staatliche Denkmalpflege bzw. Denkmalschutzgesetze gerichtete Agitation missverstanden zu werden. Zuletzt hat z.B. Kerstin P. Hofmann (2017, 11-12) meine mehrfach geäußerte Forderung, vermehrt die aktive und teilweise auch selbstbestimmte Bürgerbeteiligung an archäologischen und denkmalpflegerischen Abläufen zu ermöglichen – wahrlich zu Zeiten der Faro-Konvention (Europarat 2005) keine radikale Forderung – als Ruf nach einer „Entstaatlichung“ des Denkmalschutzes interpretiert. Dieses Missverständnis ist bedauerlich, denn eigentlich liegt mir kaum etwas ferner als das: tatsächlich bin ich nicht nur für eine staatliche Denkmalpflege und Denkmalschutzgesetze, sondern halte diese sogar für völlig unabdingbar.

Meine Kritik an den staatlichen Denkmalpflegebehörden, deren Praktiken, und den Denkmalschutzgesetzen, hat stets und bezweckt immer deren (meiner Meinung nach in allen Fällen mögliche und meist auch sehr notwendige) Verbesserung und hat keineswegs ihre Abschaffung oder auch nur Schwächung zum Ziel. Dies sollte zwar meiner Meinung nach auch ganz von selbst von jedem aus meinen kritischen Schriften selbst problemlos erkennbar sein, ist es aber scheinbar – wenigstens für manche – nicht in ausreichendem Maß. Ich möchte mir daher in diesem Beitrag erlauben, das deutlicher als gewöhnlich zum Ausdruck zu bringen und auch etwas genauer zu erläutern.

Samstag, 24. März 2018

Können, dürfen, sollen?

Archäologische Grund- und Menschenrechte und der Denkmalschutz

In einem auf den Webseiten des Landesamts für Denkmalpflege Hessen (LfDH) vorveröffentlichten, jüngeren Beitrag unter den Titel „Jeder kann graben“? diskutiert Dimitrij Davydov (2017) das Spannungsfeld zwischen Partizipation und Gefahrenabwehr im Kontext des archäologischen Erbes; insbesondere die Reichweite der sowohl in Deutschland (Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz) als auch in Österreich (Art. 17 Staatsgrundgesetz) als Jedermannsrecht garantierten Forschungsfreiheit.

Er kommt dabei zum Ergebnis, dass – die Wissenschaftlichkeit von „Nachforschungen“ im Sinne der verfassungsgerichtlichen Judikatur (siehe Davydov 2017, 7-8; für Österreich im Wesentlichen ident, siehe Berka 1999, 343) vorausgesetzt – „stets eine Abwägung der Wissenschaftsfreiheit mit dem verfassungsrechtlichen Staatsziel (Boden-) Denkmalschutz zu erfolgen“ (Davydov 2017, 10) habe. Soweit ganz generell die Bürgerbeteiligung an der archäologischen Feldforschung betroffen ist, kommt er zum Schluss, dass „(d)ie Grenze einer sinnvollen Partizipation […]dort überschritten“ werden dürfte, „wo durch die mit der Einbindung Privater verbundene Entlastung der Denkmalbehörde in eine Belastung umschlägt, weil ein Ausbildungs- und Betreuungsaufwand generiert wird, der zu ihrer primären Aufgabe – für eine „geordnete und wissenschaftlich fundierte“ Bodendenkmalpflege zu sorgen – in keinem vernünftigen Verhältnis mehr steht“ (Davydov 2017, 11).

Dienstag, 20. März 2018

Not whether, but how


A response to a comment by Paul Barford
Raimund Karl and Katharina Möller
In a series of reactions on his blog (see here and here), Paul Barford (and a commentator) have questioned the results our study “An empirical examination of metal detecting”. Yet, apparently, they both have seriously misunderstood the point of our paper. Much like Sam Hardy (see “Estimating numbers?”) they seem to not understand the difference between comparing data of the same kind for the purpose of deductive hypothesis-testing and 'estimating' numbers of metal detectorists based on different kinds of data; and why such hypothesis-testing is needed for coming up with better solutions for regulating metal detecting than archaeology, as a profession in general, seems to have come up with as of yet.

Thus, also as further explanation, we would like, in the following, to respond to these comments. Not that we believe it will help Paul Barford, since it is our feeling that he has long dug himself into too deep a hole to be able to get out again; or even see the need to stop shovelling. Rather, it hopefully will allow somewhat more open-minded readers to better understand why our results, and the conclusions we have drawn and actions we have taken based on them, are both helpful and suitable to move forward the debate on how to best regulate metal detecting; and possibly even to find more effective solutions for actually doing so.

Mittwoch, 14. März 2018

'Estimating' numbers?

A response to a paper by Samuel A. Hardy

In a recent paper in Cogent Social Sciences,[1] Samuel A. Hardy (2017) has attempted a wide-ranging comparison of the efficacy of different kinds of regulations of metal detecting. In it, he attempts to estimate the number of metal detectorists active, whether lawfully or illegally, in several different European countries, Australia, Canada, New Zealand, and the USA.

He also attempts to estimate the ‘damage’ caused by their removal of artefacts ex situ. This, he does by first estimating the average amount of hours per year searched by the average metal detectorist, and then estimating the number of significant artefacts found per hour of searching. By multiplying these estimates, he arrives at the estimated number of significant artefacts removed ex situ per year in each of the examined countries, which he takes to be the ‘damage’ that is caused.

These estimates he then compares transnationally, and arrives at the conclusion that comparably permissive or liberal regulatory regimes are ineffective in minimising harm to the archaeological heritage.

Sonntag, 11. März 2018

Schärfere Gesetze für die Denkmalpflege?

Die archäologische Denkmalpflege und die archäologische Fachwelt rufen gerne im Kontext der archäologisch-denkmalpflegerischen Probleme mit der „Schatzsuche“ durch Laien nach schärferen Gesetzen. Zuletzt konnte man z.B. wieder im ORF Vorarlberg (2018) eine entsprechende Forderung des dortigen Landesarchäologen im Rahmen der Ankündigung einer Podiumsdiskussion zum Thema lesen. „Ohne schärfere gesetzliche Bestimmungen wird das Problem Raubgräberei laut Experten immer größer“, wir eindringlich gewarnt und darauf hingewiesen, dass „In Liechtenstein und der Schweiz […] rigoros gegen Sondengeher vorgegangen“ werde. „In Österreich und Bayern gibt es gesetzlich wenig Handhabe gegen Raubgräberei“, fasst der ORF Vorarlberg das Expertenwissen zum Thema zusammen.

Diese Expertenmeinung scheint mir doch einigermaßen verwunderlich, denn soweit ich das erkennen kann, gibt es in Österreich und Bayern durchaus gesetzliche Bestimmungen, die diese Materie regeln und die „Raubgrabungen“ auch tatsächlich mit – durchaus empfindlichen – Strafen bedrohen. Noch verwunderlicher scheint mir aber die Hoffnung darauf, dass wir durch (noch) schärfere Gesetze endlich den von vielen ArchäologInnen erwünschten Erfolg erzielen werden, die „Raubgrabungen“ effektiv verhindern zu können. Warum mich das verwundert, werde ich in diesem Beitrag zu erklären versuchen.

Donnerstag, 8. März 2018

Denkmalschutz, Denkmalwürdigkeit und öffentliches Interesse

Der „Neue“ Alte Markt in Kiel


Einleitung

Abbildung 1: Der Marktplatz in Kiel mit einer Frontansicht
der sog. Persianischen Häuser und dem gotischen
Rathaus am rechten Bildrand (Aufnahme um 1870).
Am 13. Februar 2018 berichteten die Kieler Nachrichten über die Unterschutzstellung des Pavillonensembles auf dem sogenannten Alten Markt in Kiel, durch das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein (02.03.2018). Diese Meldung war von besonderer Brisanz, da das Gebäudeensemble seit seiner Errichtung im Jahr 1972 immer wieder Ziel öffentlicher Kritik war. Im Zuge der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele war der historische Marktplatz der Kieler Altstadt durch einen modernen Entwurf des Architekten Wilhelm Neveling (1908 – 1978) tiefgreifend umgestaltet worden.

Samstag, 3. März 2018

An empirical examination of metal detecting

Per capita numbers of metal detectorists in a British-German comparison


Raimund Karl and Katharina Möller[1]


One of the key issues in the debate about how the archaeological profession should deal with the ‘problem’ of non-professional metal detecting is whether a restrictive or liberal approach should be taken towards its regulation. Arguments frequently can get quite heated, particularly on blogs, where self-appointed guardians of heritage and defenders of ‘the hobby’ mainly seem to trade insults rather than discussing data to determine which approach would seem more sensible.

Mittwoch, 28. Februar 2018

Eine der „schwierigsten Aufgaben“ des Bundesdenkmalamtes

In meinen bisherigen Beiträgen in dieser Blogschrift[1] habe ich mich sehr kritisch zu diversen Aspekten der archäologischen Denkmalpflegepraxis und -lehre geäußert und insbesondere auch die Denkmalämter durchaus harsch kritisiert. Aus gegebenem Anlass sehe ich mich nun aber auch einmal veranlasst, einen Beitrag zu ihrer Verteidigung und insbesondere der Verteidigung des österreichischen Bundesdenkmalamtes (BDA) zu schreiben.

Zwar wird auch in diesem Beitrag die staatliche archäologische Denkmalpflege nicht geschont, weil diese Verteidigungsrede teilweise der Tatsache geschuldet ist, dass die staatliche Denkmalpflege ihren gesetzlichen Auftrag nicht deutlich genug kommuniziert. Dennoch: die staatliche archäologische Denkmalpflege macht keineswegs alles falsch, was sie tut; sondern ganz im Gegenteil das meiste durchaus richtig, was auch gelegentlich in entsprechender Deutlichkeit festgestellt werden muss.

Planierraupe bei der Arbeit.
(Bild: Witold Grzesiek 2010, Wikimedia Commons)
Der konkrete Anlassfall, der mich dazu bewogen hat, diesen Beitrag zu verfassen, ist ein bedauerlicher: ein mit mir befreundeter, österreichischer Heimatforscher hat mir soeben über die jüngst vorgekommene Zerstörung zweier mittelalterlicher Bodendenkmale in seinem Hauptforschungsgebiet berichtet. In diesem Zusammenhang hat er auch bitter beklagt, dass das BDA in diesem Fall (wie auch schon zuvor in diversen ähnlich gelagerten Fällen) nichts unternommen habe und daran auch überhaupt kein Interesse zu haben scheine.

Versetzt man sich in seine Position, ist diese Klage auch völlig nachvollziehbar: die mit dem Schutz der (Boden-) Denkmale betraute Bundesbehörde scheint oft selbst dann nicht aktiv zu werden, wenn ihr Bürger von vorgekommenen Schäden an Denkmalen berichten, an deren Erhaltung diese Bürger ein Interesse haben. Das scheint dem an der Denkmalerhaltung interessierten Bürger klarerweise unverständlich; und er fragt sich dann, ob das BDA seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben auch ordnungsgemäß erfüllt. Dabei hat das BDA in vielen dieser Fälle seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben, und insbesondere eine seiner „schwierigsten Aufgaben“ (RV 1999, 39), tatsächlich erfüllt; und es ist „nur“ der Bürger, der das nicht richtig erkannt hat.

Samstag, 24. Februar 2018

Ein hinreichend bestimmter unbestimmter Rechtsbegriff?

Der Bodendenkmalsbegriff des § 8 Abs. 1 DMSG

In diesem Beitrag betrachte ich den Bodendenkmalsbegriff des österreichischen Denkmalschutzgesetzes (DMSG) als exemplarisches Beispiel für vergleichbare unbestimmte Rechtsbegriffe in (archäologischen Bestimmungen von) Denkmalschutzgesetzen. Das meiste von dem, was ich hier sage, lässt sich daher sinngemäß auch auf viele andere Denkmalschutzgesetze übertragen; auch wenn diese hier nicht konkret besprochen werden.

Sonntag, 18. Februar 2018

Das archäologische Debakel von Rülzheim

Vor wenigen Tagen ist das langjährige Gerichtsverfahren gegen den Finder des sogenannten „Barbarenschatzes von Rülzheim“ – mehr oder minder überraschend – zu einem Ende gekommen (Pfälzischer Merkur 2018; Rheinpfalz 2018; SWR 2018). Das Ergebnis ist wenigstens aus archäologischer Sicht höchst unbefriedigend; allerdings letztendlich weitgehend durch die Archäologie und archäologische Denkmalpflege selbstverschuldet. In diesem Beitrag möchte ich etwas genauer darauf eingehen, warum dieser Fall ein ganz besonderes Debakel für die archäologische Denkmalpflege darstellt; und welche Lehren man meiner Meinung nach daraus ziehen muss, auch wenn diese archäologisch wehtun.

Freitag, 16. Februar 2018

Denkmalwert und archäologische Funde

In einem früheren Beitrag habe ich bereits erwähnt, dass die Denkmalpflege scheinbar bisher nicht hinreichend erkannt hat, dass sich der Denkmalwert archäologischer Denkmale am Zeitpunkt ihrer Ausgrabung ganz fundamental verändert. Dies führt, wie dort bereits angedeutet, auch bei der Regelung des Fundeigentums – wenigstens oft – zu bedeutenden Problemen; und auch ganz generell beim denkmalgerechten Umgang mit archäologischen Funden.

Sonntag, 11. Februar 2018

„Grabungsgenehmigung“? Braucht man nicht!

Zwei maßgebliche Erkenntnisse österreichischer Gerichte aus dem Jahr 2017 zur archäologischen Denkmalpflege und ihre Konsequenzen

Das österreichische Bundesdenkmalamt behauptet seit Jahrzehnten, dass jedwede Grabung und sonstige Nachforschung an Ort und Stelle zur Entdeckung von Bodendenkmalen nur mit Bewilligung gem. § 11 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz durch das BDA durchgeführt werden darf. Zwei neue gerichtliche Erkenntnisse, eines des Bundesverwaltungsgerichts und eines des Verwaltungsgerichtshofs, zeigen jedoch, dass diese Rechtsmeinung verfehlt war und ist. Vielmehr scheint es im Licht dieser Erkenntnisse so zu sein, als ob eine „Grabungsgenehmigung“ nur für solche Grabungen und sonstige Nachforschungen notwendig sei, die gem. §§ 2, 2a, 3 oder 9 Abs. 3 DMSG denkmalgeschützte archäologische Gegenstände und solche betreffen, bei denen das Bestehen eines öffentlichen Interesses an ihrer Erhaltung durch öffentlich zugängliche Sachverständigengutachten als wenigstens wahrscheinlich beurteilt wurde. De facto würde das bedeuten, dass man außer für Nachforschungen auf den etwa 1.100 geschützten archäologischen Denkmalen in Österreich derzeit für die Durchführung archäologischer Maßnahmen keiner Grabungsgenehmigung bedarf.

Against retention in situ

How to best preserve archaeology for 'future generations'?

Archaeological heritage management has long been based on a preference for the principle of preservation of archaeology in situ. While this principle is sound in theory, in practice, we frequently only achieve mere retention in situ: the archaeology is left where it is, unexcavated and unrecorded, but is not actually protected against most of the real and present dangers it faces. The situation is made worse by the fact that many of our heritage management laws, policies, and practices have made the principle of ‘leaving it unexcavated’ a disciplinary dogma, especially so in Austria and Germany. Instead of realistically assessing the likely future fates of archaeology merely retained in situ, any kind of archaeological fieldwork, whether invasive or non-invasive, is treated as undesirable by the national and state heritage agencies, even if conducted to professional standards. 

In this paper, I demonstrate that retention in situ does not lead to the best possible preservation of archaeology for future generations, but rather leads to near-total loss of most archaeology, especially archaeology in places unlikely to be threatened by development. I also demonstrate that the only real means of preserving archaeology as long as possible is not to retain in in situ, but to excavate as much and as rapidly as possible of any archaeology which cannot actually be preserved in situ. By increasing the amount that is excavated, the likely gains in archaeological information saved from total loss is massive and would benefit the study of archaeology immensely.

It is thus argued in this paper that there is an urgent need for significant change in archaeological heritage management law, policy, and practice. Since we cannot increase the amount we excavate arbitrarily due to the limited resources available to us, better preservation by professional record can only be achieved by training as many members of the interested public in archaeological skills. Once they have received such training, anyone who wants to should be encouraged and given license to excavate any archaeology which can currently only be retained, but not actively preserved, in situ.

Samstag, 10. Februar 2018

Auf Archaeologik: Ein Vorschlag für neue archäologische Denkmalschutzbestimmungen für Österreich

Rainer Schreg hat dankenswerter Weise einen längeren Beitrag von mir über meinen Vorschlag für Veränderungen der archäologischen Bestimmungen des österreichischen Denkmalschutzgesetzes auf seinem Blog Archaeologik aufgenommen. Der Beitrag unter dem Titel Ein Vorschlag für neue archäologische Denkmalschutzbestimmungen für Österreich passt aber selbstverständlich auch hierher und soll daher auch hier verlinkt sein.

Die Bewertung archäologischer Denkmale

In situ und ex situ, ex ante und ex post
 
Im deutschsprachigen Verständnis dieses Begriffes unterscheiden sich Denkmale von anderen – sozusagen gewöhnlichen – Sachen prinzipiell dadurch, dass ihnen (wenigstens von manchen Menschen) ein besonderer – sozusagen ungewöhnlicher – Wert bzw. eine ebensolche Bedeutung zugeschrieben wird. 


Titelblatt zu
"Der moderne Denkmalkultus"
(Riegl 1903)
Dabei sind allerdings, um dies auch gleich festzuhalten, die Begriffe „besonders“ bzw. „ungewöhnlich“ nicht unbedingt – wie oft missverständlich angenommen wird – als quantitative Beschreibung ihres Wertes bzw. ihrer Bedeutung zu verstehen, sondern wenigstens auch als qualitative. Es geht also nicht unbedingt nur darum, dass die betreffende Sache eine mengenmäßig größere Bedeutung hat als andere Sachen; d.h. wertvoller als andere Sachen ist. Es geht – wenigstens manchmal, wenn nicht sogar zumeist – vielmehr darum, dass die Bedeutung dieser Sache in irgendeiner signifikanten Weise anders beschaffen – und daher in diesem Sinne besonders – ist als die der meisten anderen – im Vergleich miteinander jeweils ungefähr gleichbedeutenden und daher in diesem Sinne gewöhnlichen – Sachen.


Der Denkmalwert


Die Gründe, weshalb Denkmalen Wert bzw. Bedeutung zugeschrieben wird, können dabei durchaus vielfältig sein. Die betreffende Sache kann z.B. besonders bedeutend sein, weil sich durch ihre wissenschaftliche Untersuchung (= Erforschung) Wissen gewinnen lässt, das auf anderem Weg (d.h. durch die Untersuchung anderer, gewöhnlicher Sachen) nicht gewonnen werden könnte, dessen Gewinnung aber dennoch allgemeinnützlich erscheint. Oder die betreffende Sache kann z.B. von besonderer Bedeutung sein, weil sich manche Menschen mit dieser Sache in irgendeiner Weise identifizieren, d.h. eine direkte Beziehung zwischen sich selbst und dieser Sache herstellen, die sie in Bezug auf andere, gewöhnliche Sachen nicht empfinden. Oder sie kann z.B. von besonderer Bedeutung sein, weil sie die (oder wenigstens manche) Menschen an etwas erinnern oder aufmerksam machen kann, das sie sonst vielleicht vergessen oder gar nicht erst bemerken könnten; wie z.B. ein historisches Ereignis, das (ansonsten) keine bis heute bemerkbaren Spuren hinterlassen hat, aber dennoch erinnerungswürdig bzw. bemerkenswert erscheint. Diese Gründe schließen einander natürlich auch nicht gegenseitig aus; d.h. eine bestimmte Sache kann auch gleichzeitig aus mehreren dieser (und einer langen Reihe anderer) Gründe bedeutend und eventuell nur aufgrund des Zusammentreffens mehrerer dieser Gründe außergewöhnlich wertvoll sein.
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Mittwoch, 7. Februar 2018

Behördliche Leseverständnisprobleme

Wie die meisten Gesetze, ist auch das österreichische Denkmalschutzgesetz (DMSG) einigermaßen unverständlich geschrieben. Beim DMSG beginnen die Probleme mit der Allgemeinverständlichkeit schon bei der Frage, auf welche Dinge und Handlungen die Bestimmungen dieses Gesetzes überhaupt angewendet werden können bzw. müssen. Das liegt daran, dass die beiden zentralen Begriffe des DMSG – der in § 1 Abs. 1 definierte Begriff Denkmal und der in § 8 Abs. 1 definierte Begriff Bodendenkmal – in einer Weise bestimmt sind, dass selbst die für die Exekution dieses Gesetzes zuständige Bundesbehörde – das Bundesdenkmalamt (BDA) – Probleme bei ihrer Anwendung hat.

In diesem Beitrag soll daher kurz und hoffentlich allgemeinverständlich erklärt werden, was diese beiden Begriffe bedeuten. Gleichzeitig soll gezeigt werden, dass das BDA entweder erhebliche Leseverständnisprobleme hat; oder aber die Unverständlichkeit der gesetzlichen Bestimmungen gezielt dazu nutzt, im Bereich des Denkmalschutzes seinen eigenen Willen (statt den des Gesetzgebers) durchzusetzen.

Betrachten wir dazu zuerst die Fragen, wann ein sogenanntes Denkmal ein Denkmal und wann ein sogenanntes Bodendenkmal ein Bodendenkmal ist. Die Schriftfarbgebung dient in diesem Beitrag zur Unterscheidung, wann von einem Ding die Rede ist, das Denkmal bzw. Bodendenkmal genannt wird, und wann von einem Denkmal bzw. Bodendenkmal die Rede ist, auf das die Bestimmungen des DMSG angewendet werden können, um die Verständlichkeit des DMSG zu verbessern.

Dienstag, 6. Februar 2018

Archäologische Denkmalpflege neu denken

Worum es hier gehen soll ist die archäologische Denkmalpflege; und wie man sie verstehen (und eventuell auch neu durchdenken) kann. Ob wirklich ein Blog daraus wird, oder nicht eher eine Sammlung einigermaßen kurzer, mehr oder minder wissenschaftlicher Artikel zu Themen der Archäologie, des (archäologischen) Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, wird wohl erst die Zukunft weisen. Ich sage es einmal so: ich sehe dies hier als experimentelle Blogschrift, ein Mittelding zwischen Blog und Zeitschrift. Es wird daher auch pdf-Fassungen der hier verfassten Beiträge geben, gesetzt (mit Seitenzahlen und was man sonst so noch für ein effektives Zitieren braucht), die ich vorerst einmal auf meiner Academia.edu-Seite parken werde.

Inspiriert dazu, diese Plattform einzurichten, hat mich ein Emailaustausch mit Rainer Schreg im Zusammenhang mit einem Gastbeitrag, den ich für seinen populären Wissenschaftsblog Archaeologik geschrieben habe; und auch generell eben dieser Blog. In diesem Zusammenhang hat sich für mich aus unserer Korrespondenz ergeben, dass eine Plattform, die spezifisch einer Diskussion der archäologischen Denkmalpflege und ihrer Praktiken dient, wenigstens im deutschen Sprachraum bisher weitgehend zu fehlen scheint. Daher: diese Plattform, die nicht nur durch die genannte Korrespondenz, sondern auch generell durch Archaeologik inspiriert ist.

Aus diesem Grund, um das auch gleich festzustellen, sind auch Gastbeiträge von anderen AutorInnen sehr willkommen: wer sich über die archäologische Denkmalpflege Gedanken macht und diese auch (in entsprechender Form) verschriftlichen will bzw. schon hat, ist herzlich eingeladen, seine Texte an mich zu schicken und um ihre Aufnahme auf diesen Wissenschaftsblog zu ersuchen. Sofern sie den gewöhnlichen Regeln des zivilisierten Umgangs miteinander genügen und auch so verfasst sind, dass sie als - und sei es nur mehr oder minder - wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fragen von Denkmalschutz und Denkmalpflege zu betrachten sind, stelle ich sie dann gerne hier ein.